Schlotzenbach verwest nicht
Thomas Weyrauch: Schlotzenbach verwest nicht. (Roman)
Heuchelheim (Longtai Verlag) 2006, 97 Seiten
ISBN-Nr. 3-938946-01-6
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Der mittelmäßige Richard von Schlotzenbach versteht es, sich selbst so weit in den Mittelpunkt zu stellen, dass er auch von anderen überschätzt wird. Als Politiker, Künstler und Erfinder geht er in die Geschichte ein, nachdem Schönbeins Schlotzenbach-Biografie zum Bestseller wurde. Aus einem Schlotzenbach-Kult erwächst eine Religionsgemeinschaft, deren Göttin die unglückliche Vegalia Reiß wird.
Leseprobe:
„So muss man das bringen. Genau so. Jetzt werde ich – wohlgemerkt weiterhin in alter Rechtschreibung – zeigen, was ich geistig durchdrungen habe. Hörst du mir überhaupt zu Ernst-Otto?“ Schönbein griff die ehrwürdig-alten Bücher von Kretor, wählte eines davon aus und pustete den Staub vom Deckel. Die Staubemission des Buches wurde zur Staubimmission in der Sphäre Ernst-Ottos. Jener wandte sich angeekelt ab.
Was aber steht hinter diesem Bild ? Was ist längst vergessen ? Und woher kommt von Schlotzenbach ?
Er selbst, bescheiden wie er war, drückte es so aus: "Ich komme woher und ich gehe wohin."1)
„Da muss die Fußnote hin. Jetzt pass´ auf.“
1) v. Schlotzenbach, Lebenserinnerungen, S. 4 ff. Die herrschende Meinung ordnet das Zitat bereits dem antiken Urknalltheoretiker und römischen Umweltsenator Flatus (gest. 70 n.Chr.) zu; vgl. Mittermeyer, S. 48, 56. Eine Mindermeinung von Schnelzer, S. 95, geführt, hält diese Information für "erstunken und erlogen"
„War das nichts? Naja, den Schnelzer musste ich schon reinbringen. Hör´endlich auf zu scharren!“
Die Erschaffung und wachsende Bedeutung derer von Schlotzenbach
Nach Kretor sollen neben urdeutschen Wurzeln des Geschlechtes der Schlotzenbacher auch römische Einflüsse bestehen. So wird geschildert, der römische Kaufmann Solocius (um 60 n.Chr.) sei Namensgeber der Schlotzenbacher gewesen. Er habe mit ägyptischen Textilien in der Stadt Rom gehandelt und schließlich mit großem Erfolg eine Ladenkette aufgebaut, die er „Caesar et Antonius“ genannt habe. Dieses Unternehmen habe er später kurz in „C&A“umbenannt. Kretor und Nippelius stellten die Herkunft der Familie von Schlotzenbach in Zusammenhang mit der zeitgenössischen Auffassung des Gottesgnadentums. Sie behaupteten ihrem Weltbild entsprechend, Gott habe die Familie aus Lehm geschaffen und den Urvätern seinen Odem eingeblasen. Danach habe Gott die Altvorderen der Schlotzenbach-Familie angewiesen, zwei Jahre "zur schöpffung beßeren wißenschafft" durch die Welt zu wandern, bis sie das Dorf Walbrech fänden, das nunmehr Territorium der Adelsfamilie von Schlotzenbach sei.16)
Schmalz-Eberhard geht in der aufgeklärten Haltung des 19. Jahrhunderts nicht mehr weiter auf das Gottesgnadentum ein. Er ordnet die Wurzeln der Schlotzenbachs der indogermanisch-germanisch-deutschen Geschichte zu, die er gewissermaßen als black box empfindet. Erst mit der ersten urkundlichen Erwähnung "dm. de slocenbach vulgo sauffaus" im Jahre 1054, in der die Eigentumsübertragung eines Fasses Wein behandelt wird, beginnt die wirkliche Geschichte dieser Familie. Die nächstälteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1103. Sie geht auf die Teilung des ohnehin kleinen Territoriums zwischen den Söhnen des Cunz von Schlotzenbach ein: "Item Hartwig de Sloc. vill. walbrech. Item Cunce filius et uxor Gila de Ravenstein walbrech inferior et XXXIV rust. Item Hans de slocenbach filius maior walbrech superior et LXI rust. et silv. super." 17)
16) Kretor, Odemumwaberte Steine, S. 161; Nippelius, S. 15.
17) Schmalz-Eberhard, S. 55.
„Schau nicht so hungrig rüber. Kriegst gleich was. Ich muss aber erst noch abspeichern. Zack. Fertig.“